Auftraggeber*innen

Angebote des Hauses der Sprachmittlung für Auftraggeber*innen von Sprachmittlung

Das Haus der Sprachmittlung möchte an dieser Stelle allen (möglichen) Auftraggeber*innen und Nutzer*innen von Sprachmittlung Informationen an die Hand geben, damit Sie sich eine fundierte Meinung über das Sprachmitteln/Dolmetschen im sozialen Raum bilden können und diese Dienstleistung für Sie gewinnbringend und nützlich einsetzen können.

Sie finden hier zunächst die Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Thema Sprachmitteln im sozialen Raum, demnächst folgt eine kompakte Informationsbroschüre sowie umfangreichere Informationspakete für die Zielgruppen in der Sprachmittlungslandschaft. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie noch offene Fragen oder zusätzlichen Informationsbedarf haben.

Wer sind Auftraggeber*innen?

Das Haus der Sprachmittlung arbeitet darauf hin, dass Menschen mit keinen und geringen Deutschkenntnissen grundsätzlich in sozialen Kontexten die Möglichkeit bekommen, ihre Interessen zu artikulieren, am gesellschaftlichen Leben zu partizipieren und in den Informationsaustausch gehen zu können. Die Dienstleistung einer Sprachmittlung ist aber von Natur aus immer eine Art „Dual-Use-Good“, es können also zwei Seiten davon profitieren. Denn sie hilft den Klient*innen gleichermaßen wie Ihnen, also allen Akteur*innen im sozialen Raum, Informationen auszutauschen und Gespräche gelingend zu gestalten . Diese Akteur*innen kommen zwar aus den unterschiedlichsten Bereichen (Gesundheitswesen, Öffentliche Verwaltung, Schulen und Kitas, Beratungsangebote, soziale Träger, Arbeitsvermittlung, Jugendhilfe und Soziale Arbeit u. a.), können und sollten aber in ihren Beratungs-, Behandlungs- und Informationsanlässen mit der Zielgruppe immer auf qualifizierte Sprachmittler*innen zurückgreifen und somit als Auftraggeber*in auftreten. So kann im Vorfeld Druck von den Klient*innen genommen werden und wichtige Aspekte wie korrekte inhaltliche Übertragung, Allparteilichkeit und Verschwiegenheit gesichert werden. Das „Bring-your-own-Sprachmittler*in“-Prinzip hält viele Fallstricke bereit, die die Qualität des Gesprächs und der Informationsübertragung enorm einschränken:

 

  • Die Allparteilichkeit ist nicht gesichert, es entsteht sofort eine Überzahlsituation
  • Sie haben keinerlei Sicherheit dahingehend, welche Teile des Gesprächs übertragen werden und auch nicht in welcher sprachlichen Qualität
  • Sie eröffnen dadurch die Möglichkeit, dass Kinder und Familienangehörige sprachmitteln. Sie sind weder neutral noch sind sie in der Regel qualifiziert, diese Inhalte zu übertragen. In vielen Kontexten geht es auch um sensible Inhalte, die so Menschen zu Ohren kommen, die diese sonst nicht hören würden
  • Je nach Kontext brauchen Sprachmittler*innen ein breites und tiefes Institutionenwissen, um Inhalte, Prozesse und Fachbegriffe inhaltlich korrekt zu übertragen, diese Kompetenz finden sie in der Regel nicht bei privat mitgebrachten sprachmittelnden Personen
  • Privat mitgebrachte sprachmittelnde Personen haben in der Regel kein Handlungswissen bzgl. Psychohygiene. Sie haben unter Umständen keine Strategien mit der Situation und dem gehörten umzugehen oder sich vor einer Ko-Traumatisierung zu schützen

 

Eine*n Sprachmittler*in zu beauftragen, mutet anfänglich als ein erheblicher Mehraufwand an, doch der Mehrwert entsteht schon allein daraus, dass die oben genannten Punkte weitgehend keine Rolle spielen und Sie professionell und auf Basis aller zur Verfügung stehender Informationen Ihre Entscheidungen treffen und die Maßnahme/Handlung/Beratungs- oder Behandlungsmaßnahme vollziehen können. Darüber hinaus vermeiden Sie Wiederholungsschleifen und -termine und stärken somit das Vertrauen in Ihre jeweilige Institution.

Was ist Sprachmittlung (nicht)?

In dem Kontext der mündlichen Sprachübertragung geistern viele Begrifflichkeiten umher, die oft, aber nicht immer, das gleiche beschreiben, aber nicht automatisch korrekt sind. Wenn Sie in Ihren Gesprächskontexten auf eine Person zurückgreifen, die dafür sorgt, dass die mündlich geäußerten Informationen wechselseitig ausgetauscht werden können, spricht man von Sprachmittlung oder von Dolmetschen. Wenn hingegen etwas übersetzt wird, wird ein schriftlicher Text von einer Sprache in die andere übertragen. Die Sprachmittler*innen bedienen sich in der Regel der Methode des Konsekutivdolmetschens. Das bedeutet, dass die gesprochenen Sätze nacheinander in die jeweils andere Sprache übertragen werden Die Fachperson gibt eine Information auf Deutsch, hält inne und die sprachmittelnde Person überträgt die Äußerung auf die Sprache des/der Klient*in. Diese antwortet daraufhin und hält ihrerseits inne, damit die sprachmittelnde Person wieder das Gesprochene ins Deutsche transferieren kann.

Sprachmittler*innen übertragen die Äußerungen nicht Wort-für-Wort, sondern übertragen sinngemäß. Dadurch können gedolmetschte Sätze je nach Sprache länger oder kürzer wirken, jedoch fügen Sprachmittler*innen nichts hinzu und lassen auch nichts weg. Sollten Erklärungen notwendig werden, macht dies die sprachmittelnde Person transparent und übergibt diese Aufgabe der Fachperson. Generell liegt die Gesprächsführung weiter durchgehend bei der Fachperson, die dolmetschende Person sorgt lediglich für Verständigung und Transparenz.

 

Also kann man zusammenfassen:

 

  • Die mündliche Übertragung von Äußerung in verschiedene Sprachen ist Sprachmittlung oder Dolmetschen, kein Übersetzen
  • Die sprachmittelnde Person dolmetscht meist konsekutiv, in der Regel nicht simultan (gleichzeitig)
  • Die Sprachmittlung der Äußerungen erfolgt sinngemäß, nicht Wort-für-Wort

Warum Sprachmittlung?

Es ist richtig, dass menschliche Kommunikation viel über Körpersprache funktioniert und technologische Neuerungen sorgen dafür, dass man nur ein paar Klicks von einer Übersetzung entfernt ist. Doch in den Gesprächskontexten im sozialen Raum reichen Hände und Füße oder ein Übersetzungsprogramm bei Weitem nicht aus, um der Sache gerecht zu werden und eine symmetrische Informationsklarheit herzustellen. Ohne Sprache und ohne Wörter lassen sich komplexe Sachverhalte, Emotionen und Geschichten von Personen nicht darstellen. Sie als Auftraggeber*innen möchten möglichst alle Informationen bekommen und auch gesichert weitergeben. Die Sprachmittlung baut hier eine Brücke zwischen den beiden Parteien und schafft so ein vertrauensvolles Gesprächsklima, von dem schlussendlich alle profitieren.

Warum qualifizierte Sprachmittler*innen?

Das Aufgaben- und Kompetenzprofil einer sprachmittelnden Person ist sehr komplex. Es reicht bei Weitem nicht aus, „nur“ zwei Sprachen zu können. Die Sprachmittler*innen benötigen eine tiefgehende Kenntnis in beiden Sprachen, müssen in der Lage sein, Sachverhalte und Fachwörter zu umschreiben und sich gleichzeitig die Gesprächsinhalte im Kopf zu behalten. Sie müssen mehrere kognitive Prozesse koordinieren und dabei über die gesamte Zeit hinweg hochkonzentriert sein. Zudem benötigen sie profundes Institutionen- und kulturelles Wissen, um das Gesprochene sinngemäß zu übertragen und auf beiden Seiten Transparenz herstellen zu können. Überbaut werden diese Kompetenzen noch von einem klaren Rollenprofil, das Allparteilichkeit, Verschwiegenheit und Professionalität in allen Aspekten enthält.

Um dieses Profil zu entwickeln, bedarf es einem Mindestmaß an Qualifizierung. Das Haus der Sprachmittlung hat es sich zum Ziel gemacht, die Anforderungsprofile an Sprachmittler*innen exakt zu erheben und bestehende Qualifizierungskonzepte genau zu evaluieren, um diese Qualitätsstandards zu bestimmen und in passende Qualifizierungen umzumünzen.

Vorbereitung und Ablauf?

Wenn Sie als Fachperson sich entschieden haben, eine qualifizierte sprachmittelnde Person zu Ihrem Gespräch hinzuzuziehen, können Sie zur eigenen Vorbereitung und zur Ablaufsteuerung dieser besonderen Gesprächskonstellation folgende Punkte beachten:

 

  • Ganz allgemein: rechtzeitig um eine sprachmittelnde Person kümmern und eine professionelle Zusammenarbeit sicherstellen (Rahmenbedingungen, professionelle Standards und Verhaltensregeln)
  • Angebot von Vor- und Nachgesprächen für die sprachmittelnde Person
  • Abklären mit der dolmetschenden Person bzgl. des Sprachmittlungsproduktes: exakte nüchterne Dolmetschung oder Ergänzung um Zusatzinformationen, Hinweise, Emotionsdeutungen und Erklärung von Redewendungen
  • Rollenklärung und Vorstellung zu Beginn (Vorstellung der beteiligten Parteien, Einverständnis bei den bei den jeweils anderen Parteien einholen, Hinweis auf Schweigepflicht)
  • Aufklärung über den Haftungsausschluss bzgl. des Gedolmetschten
  • Gesprächsführung und –initiative (wenn nicht anderweitig im Vorfeld vereinbart).
  • Blickkontakt mit den Kund*innen/Klient*innen sowie bewusste Konzentration auf diese Person
  • Sich kurzfassen und mit der sprachmittelnden Person vereinbarte Sprechpausen einhalten
  • Vorgabe auch für die Kund*innen/Klient*innen sichern
  • Inhalte überschaubar halten und Komplexität reduzieren
  • Verständnis auf allen Seiten aktiv sichern
  • Transparenz einfordern und zugleich herstellen
  • Sensibilität bzgl. der anstrengenden Arbeit des Konsekutivdolmetschens und allgemeinen Pausenbedarf erfragen
  • Konstruktiver Umgang mit entstehenden Konflikt- oder Stresssituationen.
  • Blick auf die sprachmittelnde Person und auch auf die Kund*innen/Klient*innen, wie sie das Gehörte aufnehmen und verarbeiten

Auf sprachlicher Ebene:

 

  • Fachsprache sparsam verwenden, vor allem wenn kein Vorgespräch stattgefunden hat, bisher noch nicht mit der dolmetschenden Person zusammengearbeitet wurde oder der Termin sehr kurzfristig anberaumt wurde
  • Wenn möglich Verzicht auf: Abkürzungen, zweideutige Bemerkungen, Abstraktionen, doppelte Verneinungen, Wortspiele, Redewendungen und Sprichwörter
  • Achten auf non- und paraverbale Signale der beiden anderen Parteien. Im Zweifelsfall direkt ansprechen