Interview mit Ramona Junglas

Ramona Junglas, Integrations- und Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Cochem-Zell

Der Landkreis Cochem-Zell hat vielerlei pittoreske und spannende Aspekte aufzuweisen, gut 63.000 Menschen verteilen sich auf eine Fläche von gut 97.000 Fußballfeldern oder 0,27-mal das Saarland. Neben beeindruckenden Panoramen und dem ein oder anderen guten Tropfen Rebenprodukt unterhält der Kreis seit 2015 einen Dolmetscherpool, um Neuzugewanderten und Fachpersonen sprachlich unter die Arme zu greifen und Kommunikation und Informationsaustausch möglich zu machen. Wir sprechen heute mit Ramona Junglas, die in ihrer Aufgabe als Integrationsbeauftrage unter anderem diesen Pool verantwortet. So können wir alle eine Perspektive auf einen Sprachmittlungspool im ländlichen Raum gewinnen, der auf eigene Initiative und mit viel Herzblut Unterstützungsstrukturen geschaffen hat.

Wir baten Frau Junglas zunächst die Grundstruktur des Pools zu skizzieren. Die ca. 50 Sprachmittler*innen decken 24 Sprachen ab und leisten 100 Einsätze im Jahr. Ihre Dienstleistungen werden aus einem Budget des Kreises vergütet. Der Pool folgt der Grundausrichtung, dass Institutionen und Fachpersonen im sozialen Raum zunächst auf eigene Ressourcen zurückgreifen sollen und der Pool erst dann aktiviert wird, wenn sich niemand findet. Anfragen kann grundsätzlich jede*r an den Pool richten, aber eine Finanzierung der Einsätze ist nur für Schulen und Kitas des Kreises vorgesehen. Die hinter dem Pool stehende Koordinierungsstelle Asyl pflegt eine Liste von mehrsprachigen Personen, die den anfragenden Institutionen zur Verfügung gestellt wird. Die Kontaktaufnahme und die Vereinbarung der Zusammenarbeit erfolgen in Absprache zwischen Sprachmittler*in und anfragender Institution. Früher übernahm die Koordinierungsstelle selbst die Vermittlung, aber man darf nicht unterschätzen, welcher zeitlicher Aufwand hinter jeder Anfrage steckt:

  1. Eingang der Anfrage
  2. Vorauswahl der Sprachmittler*innen und Weitergabe der Anfrage 
  3. Zusage und Absage an die sich rückmeldenden Sprachmittler*innen
  4. Zusage an die anfragende Institution
  5. Abrechnung des Einsatzes
  6. (Weitere Abfrage, falls kein Match gefunden wurde oder Absage an die Institution)

Dass diese Extraarbeit nicht in diesem Umfang zusätzlich zum täglichen Arbeitsaufwand geleistet werden kann, ist nur allzu einleuchtend. 

Der Koordinierungsstelle Asyl fällt die Aufgabe zu, die erfolgten Einsätze abzurechnen, den Pool zu pflegen, im Zweifel bei Anfragen Vorsortierungen zu treffen und die Schweigepflichterklärungen an die Sprachmittler*innen weiterzugeben. In der täglichen Arbeit findet vor allem auch in Person von Frau Junglas viel Netzwerk- und Kontaktarbeit statt. Sie kennt alle Sprachmittler*innen persönlich und hält auch darüber den Pool aktuell und die Verbindungen aufrecht.

Wir fragten Frau Junglas etwas, was viele Repräsentant*innen von Pools und Vermittlungsstellen in RLP nicht ohne „die-Geister-die-ich-rief-Schwingungen“ ähnlich beantworten, nämlich nach der Öffentlichkeitsarbeit für das Angebot. Frau Junglas meinte, dass keine klassische ÖA passiert, da auch bei ihr das begrenzte Budget und die Kapazitäten ihrer Person und der Koordinierungsstelle einen engen Flaschenhals darstellen, der auch diesem Pool natürliche Grenzen setzt. Innerhalb der aktiven Netzwerke wurden und werden neue Sprachmittler*innen gesucht, aber eine Kommunikation nach außen findet nicht kampagnenartig statt. 

Als Integrationsbeauftragte des Kreises erlaubt uns Frau Junglas auch Einblicke in die Gesamtsituation der Integration im Kreis Cochem-Zell. Sie führt an, dass die Integration im Kreis gut funktioniert, da die Institutionen im engen Austausch miteinander sind und alle auf ein gewachsenes und stabiles Netzwerk zurückgreifen können. Dennoch gibt es auch Herausforderungen auf größerer (Mobilität/Infrastruktur im ländlichen Raum und Verteilung) und kleinerer Ebene (Dozent*innen für Sprachkurse und eine gewisse Ausdünnung von Ehrenamtsnetzwerken). Auch bezogen auf den Sprachmittlungspool sieht Frau Junglas den Kreis gut aufgestellt, sicherlich wäre aber zusätzliches Budget für mehr Sprachmittler*innen und für Einsätze in anderen Bereichen des sozialen Raumes (Gesundheit, Bankwesen) wünschenswert.

Ein weiteres Thema, das auch das Haus der Sprachmittlung stets beschäftigt, ist die Frage der Qualifizierung der Sprachmittler*innen. Es steht außer Frage, dass zweisprachige Menschen in die Aufgabe der sprachmittelnden Personen durch Erfahrung und Engagement hineinwachsen können, doch Inhalte wie Dolmetschtechniken, Institutionenwissen oder Rollenprofil sehr gut durch Qualifizierungen erworben werden können. Jedes Format und jeder Umfang ist besser als keine Qualifizierung. In Cochem-Zell gibt es eine Kooperation mit der Caritas, mit der Qualifizierungen für spezifische Gesprächssettings (z.B. Therapie) angeboten werden. Die meisten Einsätze der Sprachmittler*innen des Kreises finden jedoch in alltagsprachlichen Settings statt. Ähnlich wie bei dem Aufwand bei der Vermittlung darf man nicht aus den Augen verlieren, dass Qualifizierungsangebote in Planung und Durchführung Zeit und Arbeitskraft (und damit auch Budget) benötigen. Diese knappen Güter wurden beim Pool des Kreises Cochem-Zell so verteilt, dass es ein stehendes Angebot gibt und damit Menschen, zwischen denen eine Sprachbarriere steht, weitergeholfen werden kann.

Am Ende unserer Interviews stellen wir gewöhnlich unsere Lieblingsfragen:

Frau Junglas, wie stellt sich in Ihren Augen ein Idealbild einer sprachmittelnden Person dar?

Uneingeflüstert von unserer Seite antwortet sie: Ideale Sprachmittler*innen haben Erfahrung im sozialen Raum, sind neutral und empathisch, bringen sehr gute Kenntnisse in zwei Sprachen mit, sind mitfühlend und können sich an den passenden Stellen zurücknehmen. Sie sollten das transportieren, was gesagt wurde und ihre eigene Meinung außen vor lassen. Wenn sie dann noch frei von Interessenkonflikten sind, kommen wir einem Idealbild schon sehr nahe. Das können wir nur mitzeichnen.

Frau Junglas, wie sieht Ihr persönlicher Wunschzettel bzw. Ihre wünschenswerte Zukunftsvorstellung für den Sprachmittlerpool aus?

Wie sie vorhin bereits erwähnte, wäre zusätzliches Budget für weitere Bereiche des sozialen Raums wunderbar, z.B. um Notfälle und Therapiegespräche abdecken zu können. Aber zuvorderst besteht der Wunsch bei Frau Junglas, dass das Budget für das Angebot und damit auch der Pool weiter bestehen bleibt und die „Menschen bei der Stange bleiben“, da mit ihnen der Pool steht und fällt. Wenn es dann auch noch Entwicklungen in Richtung weiterer Vernetzung und Qualifizierungsmöglichkeiten gäbe, sähe der Wunschzettel für den Sprachmittlerpool des Landkreises Cochem-Zell schon sehr gut aus.

Wir vom Haus der Sprachmittlung wünschen Frau Junglas, der Koordinierungsstelle Asyl und den Menschen im Kreis, dass alle Wünsche in (Über-)Erfüllung gehen.

Hier wurde in den letzten knapp 10 Jahren bemerkenswerte Integrationsarbeit geleistet, die sich auch, aber bei Weitem nicht nur, an den Leistungen des Pools und seiner Sprachmittler*innen manifestiert.

Wir danken Ramona Junglas für das Gespräch und hoffen sie bei ihrer Arbeit mit Rat und Tat unterstützen zu können. Und an alle Leser*innen des Newsletters und dieses Interviews: Besuchen Sie den Kreis, um der Mosel, den Eifel- und Hunsrückhöhen sowie wunderbaren Menschen zu begegnen.