Brücken bauen statt Kartoffeln verkaufen

Ein Gespräch mit Luisa Menoni – eine eindrucksvolle Frau und Sprachmittlerin der Brückenbauer in Ludwigshafen

Februar 2023

Luisa Menoni war über 10 Jahre als Brückenbauerin in Ludwigshafen tätig und wir haben sie im Februar 2023 zu einem Interview getroffen. Sie stammt aus Italien und arbeitete hauptberuflich als Übersetzerin und als Liaison einer Firma im Dreieck zwischen Italien, Deutschland und Luxemburg. Und während für manche (inklusive für den Autor) ein Schritt von Mainz nach Wiesbaden schon wie ein zu großes Abenteuer anmutet, suchte Frau Menoni die Abwechslung und damit auch den Kontakt mit Menschen auf und aus der ganzen Welt. Sie lebte in Belgien, in der Schweiz, im Libanon, in Südafrika und in Tunesien. Schließlich hat es sie in die Pfalz verschlagen, wo sie sich zu Beginn ihrer Rente vor 10 Jahren dachte, dass sie zu jung und zu fit (was sie auch noch heute zweifelsohne ist) ist, um „nur“ Rentnerin zu sein. So war es nur allzu passend, dass sie in der Rheinpfalz eine Annonce der Brückenbauer las und sie sich sofort und spontan entschieden hat, mit als eine der ersten Menschen in diesem Projekt Zugewanderte als Sprachmittlerin zu unterstützen und ihre Kenntnisse in Italienisch, Französisch und Deutsch für etwas zu verwenden, was sie schon immer interessiert hat.

Menschen aus Italien und Frankreich, aber auch aus Afrika, die Französisch oder Italienisch sprachen, konnten von da ab auf ihre Hilfe zählen und von ihrer Vielseitigkeit profitieren. Ihre Dienste wurden im Jugendamt, in der Ausländerbehörde, im Jobcenter und in der Agentur für Arbeit, aber auch in Schulen, Krankenhäusern und bei Ärzt*innen nachgefragt. Ihr war es stets eine Herzensangelegenheit, die Kommunikation zwischen den Behörden und Fachpersonen auf der einen Seite und den Menschen mit geringen oder keinen Deutschkenntnissen auf der anderen Seite zu ermöglichen und den Informationsaustausch zu gewährleisten.

Wenn wir nicht schon von Beginn an neugierig auf Frau Menoni und ihre Erfahrungen waren, dann waren wir es spätestens zu diesem Zeitpunkt des Interviews. Ihre durchweg positive Herangehensweise gepaart mit ihren Erfahrungen im Bereich der Sprachmittlung, ließen uns vermuten, dass wir mit guten Fragen auf den ein oder anderen Diamanten stoßen können und wir wurden natürlich nicht enttäuscht.

Wir fragten Frau Menoni, wie sie das Profil einer guten und kompetenten sprachmittelnden Person charakterisieren würde. Sie antwortete, dass das Sprachmitteln kein normales Berufsbild sei, sie verkaufe schließlich keine Kartoffeln. Zunächst betont Frau Menoni, dass zu Beginn immer eine gute Qualifizierung stehen muss und das Vorbereitung immer essentiell ist. Sie selbst hat Qualifizierungen und Weiterbildungen besucht, hat sich aber auch stets selbst weitergebildet, hat recherchiert und sich ein persönliches Glossar aufgebaut.

Eine sprachmittelnde Person sollte sich nicht nur in zwei Sprachen sicher fühlen, sie sollte auch die unterschiedlichen Systeme und Mentalitäten kennen. Denn Sprachkenntnisse, so sagt sie, öffnen das Verständnis dazu, wie Menschen denken, was sie sagen und wie sie handeln. Es genüge bei Weitem nicht zu wissen, dass „Ausländerbehörde“ auf Italienisch „ufficio stranieri“ heißt, ein*e Sprachmittler*in sollte auch wissen, warum es diese Behörden in beiden Ländern gibt und was ihre Aufgaben sind.

Aber damit nicht genug. Eine kompetente sprachmittelnde Person braucht ihrer Ansicht nach ein hohes Maß an Sensibilität und ein waches Auge für die Herausforderungen aller beteiligten Parteien. Darüber hinaus muss sie stets neutral sein, nichts selbst hinzufügen und sich nicht verurteilend äußern. Um das Bild abzurunden, sollte die sprachmittelnde Person nicht wortwörtlich dolmetschen sondern den Sinn korrekt und vollständig übertragen und ein breites Institutionenwissen haben.

Auch wenn wir Frau Menoni nie als Sprachmittlerin in Aktion erleben konnten, haben wir keinen Zweifel, dass sie dieses Profil vollständig ausfüllen konnte und somit in den vergangenen zehn Jahren Menschen in und um Ludwigshafen eine große und qualitätsvolle Unterstützung sein konnte.

Auf die Frage nach einer Rückschau auf ihre Karriere als Sprachmittlerin, berichtet Frau Menoni, dass sie in dieser Zeit viele nette Menschen kennengelernt hat und auch viele schöne Erlebnisse hatte. Besonders Fälle, bei denen Familien nach langen Jahren endlich eine Aufenthaltserlaubnis bekommen haben, bleiben ihr besonders in Erinnerung. Aber auch Erfahrungen, die von Unfreundlichkeit und Vorurteilen seitens der Fachpersonen erzählen, gehören zu Frau Menonis Erinnerungen. Sie erzählt auch, dass manche Fälle sie noch stunden- und tagelang beschäftigt haben und sie sich auch gefragt hat, warum sie als Italienerin das Privileg der Freizügigkeit hat und andere Menschen nicht. Sie fragte sich, warum wir in Europa Mauern bauen wollen und spricht sich dafür aus, dass alle Menschen, die hier leben, die Gelegenheit bekommen müssen, genauso gut leben zu können wie alle anderen. An dieser Stelle im Interview kommen wir mit Frau Menoni überein, dass es auf jeden Fall besser ist, Brücken statt Mauern zu bauen.

Nach 10 Jahren als Sprachmittlerin bei den Brückenbauern sieht es Frau Menoni nun als ihre Aufgabe an, sich neuen Projekten zuzuwenden und ihre Energie und ihr Herzblut von nun an Menschen in Nordafrika zukommen zu lassen. Sie unterstützt dort junge Menschen und Fachkräfte mit Empfehlungen und Beratung, um gut vorbereitet nach Europa zu kommen und Teil der dortigen Gesellschaft zu werden. Bevor wir aber Frau Menoni in dieses neue Projekt entlassen, fragten wir sie, was auf ihrem Wunschzettel für das Sprachmitteln in Rheinland-Pfalz steht.

Sie antwortete darauf sehr vielsagend:

„Wenn mein Garten grün ist und der Garten des Nachbarn nicht grün ist, weil er kein Wasser hat, dann können wir nicht in einer glücklichen Welt leben.“

Wir sind der Meinung, dass wir diesen Satz sowohl als Schlusswort dieses Interviews als auch als eine sehr passende Beschreibung über das Leben und Wirken von Luisa Menoni einfach so stehen lassen können.

 

Wir wünschen Frau Menoni bei ihren weiteren Projekten für die Zukunft viel Erfolg und bedanken uns herzlichst für die Einblicke, die sie uns gewährt hat.